Die Änderungen im europäischen Versicherungsaufsichtssystem, die unter dem Namen Solvency II bekannt sind, und von allen Mitgliedsstaaten der EU umzusetzen sind, stellen Versicherungsunternehmen vor große Herausforderungen. Insbesondere die bisherigen Unsicherheiten über den Zeitpunkt des Inkrafttretens und dessen finale Ausgestaltung im Detail erforderten ein hohes Maß an Flexibilität in den Umsetzungsplanungen der Gesellschaften.
Basierend auf den Entwicklungen und Aktivitäten auf europäischer und nationaler Ebene ist davon auszugehen, dass Solvency II zu Beginn des Jahres 2016 in Kraft treten wird. So wurden einerseits seitens der europäischen Versicherungsaufsicht EIOPA Ende des Jahres 2013 vorbereitende Maßnahmen – sogenannte Interim Measures – veröffentlicht und im Zuge dessen alle nationalen Aufsichten der EU aufgefordert, eine Comply-or-Explain-Meldung hinsichtlich der darin genannten Anforderungen abzugeben. Andererseits wurde mit Beginn des Jahres 2014 ein Entwurf der Level 2 Umsetzungsmaßnahmen – „Delegated Acts on Solvency II“ – zur Begutachtung vorgelegt.
Darauf aufbauend wurden ebenso in den meisten EU-Mitgliedsländern entscheidende Schritte unternommen, um ein Inkrafttreten von Solvency II zu Beginn des Jahres 2016 zu gewährleisten. Die kleine VAG-Novelle, die voraussichtlich mit 1. Juli 2014 in Österreich in Kraft tritt, nimmt intensiv Bezug auf die Interim Measures von EIOPA, welche Anforderungen an die Kernbereiche von Solvency II spezifizieren und folgende Punkte betreffen:
- das Governance-System
- die Berichterstattung gegenüber den nationalen Aufsichtsbehörden
- die zukunftsorientierte Betrachtung der unternehmenseigenen Risiken im „Forward Looking Assessment of Own Risks – FLAOR“ zur Vorbereitung auf den unter Solvency II geforderten Own Risk and Solvency Assessment (ORSA)
- die Genehmigung von (partiellen) Internen Modellen unter Solvency II
Zur Erfüllung der umfangreichen Anforderungen, die Solvency II ab 2016 bzw. die VAG-Novelle bereits ab Mitte 2014 an die Unternehmen stellt, ist die VIG gut vorbereitet. Im Rahmen des konzernweiten Projekts „Solvency II“, das bereits im Geschäftsjahr 2009 eingerichtet wurde und zentral von Österreich aus gesteuert wird, werden die rechtlichen Entwicklungen intensiv verfolgt und die notwendigen Maßnahmen zeitnah gesetzt, um eine konsistente und fristgerechte Umsetzung von Solvency II und der Interim Measures auf Einzel- und Gruppenebene zu gewährleisten.
Einheitliche Richtlinien, Berechnungs- und Berichterstattungslösungen sowie weiterführende Risikomanagementprozesse wurden mit Unterstützung von Fachexperten aus den Einzelgesellschaften entwickelt und implementiert. Die notwendigen Anpassungen aufgrund der vor kurzem veröffentlichten und zum bisherigen Entwurf veränderten Berechnungsmethoden und Berichterstattungsinhalten wurden analysiert und werden derzeit in den Systemen nachgezogen.
An der Entwicklung und Implementierung eines partiellen Internen Modells wird im Zuge des Solvency II-Projektes sowohl auf Konzern- als auch auf Einzelebene weiter intensiv gearbeitet. In den jeweiligen Gesellschaften sind die Berechnungsprozesse eingerichtet und das notwendige Know-how vorhanden, um sowohl auf Einzelunternehmensebene als auch hinsichtlich der Gruppenberechnungen konsistente und steuerungsrelevante Werte ermitteln zu können. Es finden regelmäßig Abstimmungen mit den Aufsichtsbehörden in den einzelnen VIG-Ländern statt, um eine Genehmigung des partiellen Internen Modells zum Zeitpunkt des Inkrafttretens von Solvency II sicherzustellen.
Im Hinblick auf die künftigen qualitativen Risikomanagement-Anforderungen wird in der Vienna Insurance Group ein einheitliches Solvency II-adäquates Governance-System etabliert, das alle notwendigen Schlüsselfunktionen umfasst, sowie die Verantwortlichkeiten und Prozesse klar definiert. Weiters wurden konzernweit einheitliche Standards und Methoden hinsichtlich Risikoinventur und ORSA entwickelt, die im letzten Jahr dezentral und auf Gruppenebene erfolgreich eingeführt wurden. Ein konzernweit harmonisiertes internes Kontrollsystem gewährleistet die Einhaltung der sich aus dem Risikomanagement ergebenden Leitlinien und Vorgaben.
Dieser gesamthafte Ansatz unter intensiver Einbeziehung der lokalen Gesellschaften stärkt dabei den Erfahrungsaustausch und die vollumfängliche Akzeptanz der Richtlinien und Prozesse innerhalb der gesamten VIG, so dass unter den derzeitigen regulatorischen Voraussetzungen und auf Basis der durchgeführten Analysen und Testrechnungen die VIG auf Gruppen- und auf Einzelebene gut auf die qualitativen und quantitativen Anforderungen aus Solvency II vorbereitet ist.
Ausblick 2014
Der Fokus in den Vorbereitungen auf Solvency II liegt im Jahr 2014, neben der weiteren Vorbereitung auf das Genehmigungsverfahren für das partielle Interne Modell der VIG, im Wesentlichen auf der Erfüllung der Anforderungen aus den Interim Measures der EIOPA und den derzeit im Entwurfsstatus befindlichen Delegated Acts – Solvency II der europäischen Kommission und den damit verbundenen fachlichen und technischen Anpassungen der Berechnungs- und Berichtsprozesse.