»... FAHREN MIT VIELEN UNTERNEHMEN UND VERTRIEBSWEGEN EINE NACHHALTIGE STRATEGIE«

Gen. Dir. Dr. Günter Geyer (Foto)

WIR SIND EINS

20 Jahre nach unserem Markteintritt in CEE sind wir dort heute in vielen Märkten die Nummer 1. Im Jahr 1990 waren wir eines der ersten Versicherungsunternehmen, das den Schritt über den soeben gefallenen Eisernen Vorhang wagte. Im Jahr 2010 sind wir insgesamt in 24 Märkten erfolgreich. Unsere führende Position in CEE nutzen wir, um nachhaltige Werte für die Zukunft zu schaffen. Dabei bauen wir auf die vier Pfeiler Menschen, Finanzkraft, Region und beste Lösungen.

Mit einer neuen Konzernstruktur haben wir 2010 die Weichen für unsere Zukunft gestellt. Seit August 2010 nimmt die Vienna Insurance Group als Holding die Steuerung des Konzerns in Österreich sowie Zentral- und Osteuropa wahr. Darüber hinaus übernimmt sie internationales Rückversicherungs- und länderübergreifendes Firmengeschäft als Erstversicherer. Mit dieser modernen und zukunftsweisenden Managementstruktur werden wir unseren Führungsanspruch auch in den kommenden Jahren behaupten. Denn wir können so unsere Aktivitäten in unseren Märkten noch effizienter gestalten. Gleichzeitig mobilisieren wir die ganze Kraft unseres Konzerns und nutzen Wachstumschancen sowie Synergien. Wir stärken dadurch unsere ausgezeichnete Position, damit wir auch weiterhin sagen können:
WIR SIND EINS!

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Gen. Dir. Dr. Günter Geyer

Interview mit Generaldirektor Dr. Geyer

Im Gespräch mit Generaldirektor Dr. Günter Geyer,
Vorsitzender des Vorstands der Vienna Insurance Group.

Herr Dr. Geyer, dieser Geschäftsbericht steht unter dem Motto „Wir sind eins“. Eine starke Ansage?

Geyer: Mit dieser Aussage betonen wir zunächst unseren Führungsanspruch in unseren Märkten. 20 Jahre nach der Entscheidung, über die Grenzen Österreichs hinaus nach CEE zu expandieren, sind wir dort in vielen Märkten klare Nummer 1. Gleichzeitig weisen wir aber auch darauf hin, dass wir ungeachtet der Vielfalt unserer Tochterunternehmen und Marken ein bereits recht gut integrierter, ziemlich schlank geführter Konzern mit einem gemeinsamen Qualitätsverständnis sind. Kurz: Wir fahren mit vielen Unternehmen und Vertriebswegen eine erfolgreiche, nachhaltige Strategie.

Unser Anspruch auf Leadership manifestiert sich in verschiedener Weise. Am wichtigsten ist dabei unser Bestreben, die Besten für unsere Kunden zu sein. Unter „Kunden“ verstehe ich in diesem Fall zwei Gruppen: Einerseits unsere Kunden im eigentlichen Wortsinn, denen wir Sicherheit bieten, deren Bedürfnisse wir verstehen und die wir exzellent beraten und betreuen wollen. Und andererseits sind unsere Makler, Agenten und auch unsere Mitarbeiter ganz wichtige Kunden und Mittler – auch ihnen gegenüber haben wir einen hohen Serviceanspruch.

Was ist die Grundlage für die Erfolgsgeschichte der VIG in Zentral- und Osteuropa? Was können Sie, das andere nicht können?

Geyer: Die Leistung, als ursprünglich im europäischen Kontext kleiner Player in CEE an die Spitze aufzusteigen, beruht vor allem darauf, dass wir massiv auf die Region CEE, die Kundennähe und die Vertriebswege gesetzt haben. Damit tun wir in CEE nichts anderes, als wir zuvor schon in Österreich erfolgreich betrieben haben: Unter einem ausgeprägten Serviceanspruch ganz nah am Kunden zu sein und die Struktur dafür auch stetig an die Anforderungen des Marktes anzupassen. Hier kommt ein weiteres Prinzip von uns zum Wirken: Wir setzen auf ein lokales Management, das den Markt und seine Kunden kennt und somit rasch auf neue Anforderungen reagieren kann.

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Einen weiteren Vorteil sehen wir in der Mehrmarkenstrategie, wodurch wir verschiedenste Kundengruppen ansprechen und von der gleichzeitigen Nutzung mehrerer Vertriebswege profitieren. Wir verfügen in Österreich über die meisten Vertriebspartner und sind hier mittlerweile auch in CEE führend. Eigene Außendienstmitarbeiter und Versicherungsagenten, die in den verschiedenen Märkten für unsere jeweiligen Marken arbeiten, schaffen uns den Zugang zu den Kunden. Und der ist für den aktiven Verkauf unserer Produkte entscheidend. Gerade in CEE ist das besonders wichtig, weil der Markt dort viel weniger stark entwickelt ist als z. B. in Österreich. Dort ist es nicht nur unsere Aufgabe, an neue Kunden heranzukommen, sondern ihnen auch das Thema Versicherungsbedarf näherzubringen. Das setzt individuelle, persönliche Betreuung voraus.

Ein weiterer Grund für unseren Erfolg ist aber auch konsequente Innovation und laufender Know-how-Austausch innerhalb des Konzerns. Unser Unternehmen hat traditionell als Early Mover neue Tendenzen bzw. Bedarfsbilder früh erkannt und in innovative Produkte umgesetzt. Denken Sie etwa an die Pflegevorsorge, für die die Wiener Städtische als Erste in Österreich eine Versicherungslösung angeboten hat. Typischerweise ist es dann so, dass wir Produkte aus Österreich, unserem am weitesten entwickelten Markt, schrittweise auch in die anderen Märkte bringen bzw. für diese adaptieren. Eines dieser Best-Practice-Beispiele ist der Bereich Kfz-Rechtsschutz: Als einer der größten Kfz-Versicherer der Region haben wir hier großes Cross-Selling-Potenzial mit einem Produkt, das bisher nicht bekannt war, und können den Kunden damit ein zusätzliches Instrument zur Absicherung in die Hand geben.

2010 hat mit der Entflechtung der VIG und der Wiener Städtischen Versicherung eine grundlegende strukturelle Veränderung Ihres Konzerns gebracht. Was bedeutet das für die VIG?

Geyer: Es bedeutet, dass wir damit eine moderne und effiziente Managementstruktur haben, mit der wir unseren Führungsanspruch auch in den kommenden Jahren behaupten werden. Wir sind ja innerhalb relativ kurzer Zeit sehr deutlich angewachsen – allein in den letzten sechs bis sieben Jahren wurde die Anzahl der Konzernunternehmen mehr als verdoppelt. Damit haben sich auch die Anforderungen an Integration und Steuerung deutlich erhöht und letztlich eine klare Aufgabenteilung notwendig gemacht. Während sich die Wiener Städtische nun voll auf ihr operatives Geschäft in Österreich konzentrieren kann, widmet sich die Holding verstärkt der Steuerung und übernimmt darüber hinaus internationales Rückversicherungs- und länderübergreifendes Firmengeschäft als Erstversicherer. Weitere Kernaufgaben der Holding sind die Vereinheitlichung der IT-Systeme und das Risikomanagement, das gerade in unserer Branche von eminenter Bedeutung ist. Auch mit dieser neuen Organisationsstruktur bleibt das partnerschaftliche Handeln und Agieren für uns an oberster Stelle.

Werden damit jetzt alle internen Funktionen zentralisiert?

Geyer: Keineswegs, wir legen sogar großen Wert darauf, die Regionalität unserer Gruppe und damit die Nähe zu den Kunden in allen Märkten zu wahren. In diesem Sinn verläuft die Integration bei der VIG in Stufen, und zwar zunächst innerhalb der einzelnen Länder und dann – soweit sinnvoll – im Konzern insgesamt, jedoch immer partnerschaftlich und mit gegenseitiger Wertschätzung. Umgekehrt können wir aber natürlich aus der Holding heraus gerade im Firmengeschäft eine neue Stärke entwickeln, indem wir große Unternehmen über die Märkte hinweg zentral betreuen – natürlich unter Einbeziehung der betroffenen lokalen Konzerngesellschaften.

Die Bedeutung unserer neuen Märkte zeigt sich übrigens auch daran, dass wir mit der neuen Struktur die Konzernführung für Managementkapazitäten aus CEE geöffnet haben. Mittlerweile machen wir ja mehr als die Hälfte unseres Geschäftes in CEE – das soll sich zunehmend auch in der Führungskultur an der Konzernspitze niederschlagen. Bisher war das nicht in diesem Umfang möglich, weil mit Holdingfunktionen ja gleichzeitig Führungsaufgaben im österreichischen Geschäft verbunden waren.

Ergeben sich daraus auch Änderungen für die Aktionäre?

Geyer: Direkt ergeben sich keine Änderungen, mit der VIG-Aktie ist man weiterhin am gesamten Konzern beteiligt wie zuvor. Indirekt profitieren die Aktionäre aber natürlich davon, dass die Gruppe noch effizienter geworden ist. Die Investoren haben die Neustrukturierung auch sehr positiv aufgenommen, wie wir aus unseren Gesprächen mit ihnen wissen.

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Wenn man sich die Zahlen ansieht, war 2010 ein weiteres erfolgreiches Jahr für die VIG. Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung? Die letzten Jahre waren auch für Versicherungen nicht einfach.

Geyer: Wir sind 2010 weiter gewachsen und haben damit unsere Strategie erfolgreich fortgesetzt. Das Prämienvolumen ist um ca. 7% gestiegen, den Gewinn vor Steuern konnten wir sogar um rund 15% steigern – und das trotz massiver Belastung durch Naturkatastrophen. Hier zeigen sich die positiven Auswirkungen des 2009 gestarteten Effizienzsteigerungsprogrammes, wir haben aber auch davon profitiert, dass sich die Finanzmärkte spürbar besser entwickelt haben als in den Jahren zuvor. Die Combined Ratio lag 2010 bei rund 98%. Das heißt nichts anderes, als dass wir im reinen Versicherungsgeschäft, also noch ohne Einrechnung von Finanzerträgen, weiterhin gut unterwegs – sprich profitabel sind. Auf Basis dieser sehr erfreulichen Performance schlagen wir der Hauptversammlung für 2010 eine Erhöhung der Dividende um rund 11% auf EUR 1,00 je Aktie vor.

Und was waren die wesentlichen Einflussfaktoren? Die Naturkatastrophen haben Sie schon erwähnt, umgekehrt dürfte die Versicherungswirtschaft vom Trend zur Altersvorsorge profitiert haben.

Geyer: Tatsächlich waren wir stark durch witterungsbedingte Ereignisse wie Hochwasser, Schneedruck oder Hagel belastet, noch dazu waren davon ausgerechnet unsere drei größten Märkte – Österreich, die Tschechische Republik und Polen – betroffen. Insgesamt zeigt sich die Sachversicherung etwas weniger dynamisch. Sie ist von einem Preiswettbewerb geprägt, der sich in Krisen immer deutlich verschärft. Zudem werden aufgrund dieser Wirtschaftssituation insgesamt weniger Güter angeschafft, die typischerweise versichert werden, z. B. Firmenautos oder Wohnungen. Dem steht die Lebensversicherung gegenüber, die 2010 deutlich zugelegt und unsere Erwartungen sogar übertroffen hat.

Was waren sonst die Highlights des vergangenen Jahres?

Geyer: Sehr positiv waren 2010 einmal mehr die Wachstumsimpulse, die von unseren Sparkassen Versicherungsgesellschaften ausgingen. Unsere strategische Entscheidung, diese Unternehmen 2008 zu erwerben und damit die umfassende Vertriebskooperation mit der Erste Group zu begründen, hat sich erneut bestätigt. Diese Zusammenarbeit haben wir 2010 weiter intensiviert und bauen sie auch im laufenden Jahr aus, etwa in Märkten wie Mazedonien und Montenegro.

Unsere Expansion haben wir 2010 ebenfalls fortgesetzt, indem wir z. B. die restlichen Minderheitsanteile an der TBIH übernommen haben, die in der Türkei, Georgien und der Ukraine tätig ist. Die Ukraine haben wir im Zuge dessen zu einem Kernmarkt erklärt, weil wir für diesen Versicherungsmarkt zukünftig ein substanzielles Potenzial sehen. Mittlerweile haben wir uns im breiten Kundengeschäft dort auch eine Position unter den führenden Versicherungen erarbeitet. In Albanien haben wir 2010 ebenfalls eine weitere Versicherung übernommen und damit unsere Stellung kräftig ausgebaut.

Wie sieht – nach 20 Jahren erfolgreichen Wachstums – Ihre Strategie für die kommenden Jahre aus?

Geyer: Unsere Strategie zielt definitiv auf weiteres Wachstum ab und ist auf Ertragsorientierung ausgerichtet. Wesentliche Basis dafür ist der Aufholprozess in CEE, aber auch in Österreich, das beispielsweise in der Lebensversicherung noch unter dem Standard Westeuropas liegt. Die private Vorsorge gewinnt hier ebenfalls zunehmend an Bedeutung.

In CEE sehen wir ja heute genau die Entwicklung, die Österreich in den 1970er und 1980er Jahren durchlaufen hat: Mit zunehmendem Wohlstand steigt auch der Bedarf an Versicherungen – das betrifft zunächst den Bereich der Sachversicherung. Schrittweise folgen dann Spar- und Vorsorgeprodukte. Man könnte sagen, dass die meisten Staaten in CEE etwa auf dem Niveau sind, auf dem sich Österreich noch vor einiger Zeit befand, und damit eine sehr dynamische Entwicklung vor sich haben. Davon wollen wir profitieren, indem wir gezielt neue Produkte auf den Markt bringen, die den Kundenbedürfnissen auch wirklich entsprechen.

Dass wir beim Vertrieb bestens aufgestellt sind und unsere Struktur auch laufend an den aktuellen Bedarf anpassen, möchte ich an dieser Stelle nochmals unterstreichen.

Das bedeutet, Sie setzen weiterhin klar auf CEE?

Geyer: Absolut, unsere regionale Ausrichtung bleibt unverändert. Zu unserer Freude zeigt auch gerade das letzte Jahr, dass wir zu Recht nach CEE gegangen sind. Denn die Länder dieser Region weisen zuletzt wieder Wachstumsraten auf, die in vielen Ländern Westeuropas bei weitem nicht erreicht werden. Das Wachstum in CEE wird zwar vielleicht nicht ganz so dynamisch weitergehen wie vor der Krise, dennoch sehen die meisten volkswirtschaftlichen Analysen wieder einen deutlichen, positiven Abstand der Wachstumsraten zu jenen Westeuropas. Die von manchen vorschnell gezeichneten Untergangsszenarien haben sich ja nicht bewahrheitet, ganz im Gegenteil.

Was tun Sie, um Ihre führende Position auch für die Zukunft abzusichern und womöglich auszubauen?

Geyer: Dass wir beim weiteren Ausbau unseres Geschäftes auf innovative Produkte und effektive Vertriebswege setzen, habe ich schon ausgeführt. Als dritter Pfeiler ist daneben die Finanzkraft ganz wichtig – auch im Hinblick auf Herausforderungen, die den gesamten Versicherungssektor treffen werden. Ich denke vor allem an die neuen Eigenmittelvorschriften im Rahmen von Solvency II. Da gehören wir nach den derzeit bestehenden Regelungen mit einer Erfüllungsquote von über 200% sicherlich zu den kapitalstärkeren Versicherungen in Europa. Trotzdem achten wir weiterhin darauf, unsere Kapitalbasis auszubauen. Das ist gerade auch gegenüber unseren Kunden ein wichtiges Argument – denn Sicherheit ist ja genau das, was sie von uns erwarten.

Qualität in der Beratung und Betreuung setzt kompetente Mitarbeiter voraus. Welche Schwerpunkte setzen Sie hier?

Geyer: Das Entwickeln von Talenten und die Durchlässigkeit des Konzerns für Mitarbeiter – im Sinn eines möglichst flexiblen internationalen Austausches – sind uns besonders wichtig. Dadurch wollen wir Managementkapazitäten aufbauen und auf diese Weise unsere Schlagkraft sichern. Das betrifft natürlich nicht nur Führungskräfte, sondern Mitarbeiter in unterschiedlichsten Funktionen. Ihre Qualifikation und Kompetenz, aber auch ihr Engagement für ihre Arbeit sind uns ein großes Anliegen. Denn ihnen verdanken wir ja auch unsere erfolgreiche Entwicklung, wofür ich an dieser Stelle meinen ganz besonderen Dank aussprechen möchte.

Welche Antwort geben Sie einem Anleger, der Sie fragt, ob er in Ihre Aktien investieren soll?

Geyer: Wer mit uns ein Stück des Weges geht, investiert in große Stabilität, langfristig orientiertes Denken und eine nachhaltige Entwicklung. Finanzstärke und ein möglichst kontinuierlicher Ergebnis- und Wertzuwachs sind unsere obersten Prioritäten – für die Kunden, die Mitarbeiter und die Aktionäre, die alle davon profitieren sollen. Wir bleiben bei unseren Grundsätzen und Strategien – und das macht uns berechenbar und attraktiv für Investoren. Für einen langfristig orientierten, nach Wachstum und Stabilität suchenden Anleger sind wir damit sicher die richtige Wahl.

Zum Schluss noch:
Wie lauten Ihre Erwartungen für das Jahr 2011?

Geyer: Wir erwarten für 2011 keine wesentliche Änderung der Dynamik, weil das Geschäft der Versicherungen dem allgemeinen Wirtschaftszyklus traditionell etwas nachläuft. Das bedeutet, dass wir beim Prämienvolumen von einem weiteren Wachstum im niedrigen Prozentbereich ausgehen. Der Gewinn sollte auf Basis weiterer Effizienzsteigerung und hoffentlich geringerer Belastungen aus Naturereignissen erneut merkbar stärker wachsen als die Prämien. Begleitet bzw. gestützt wird dies vom laufenden Ausbau unserer Marktposition und intensiver Marktbearbeitung vor allem in CEE. Wir gehen also unseren Weg des profitablen Wachstums konsequent und mit großem Einsatz weiter. Das ist unser Versprechen.

Danke für das Gespräch.